Für die nachfolgenden Informationen befragten wir sowohl die leitenden Stationspflegefachkräfte der uns zugewiesenen Stationen, als auch die Praxiskoordinatorin des Vivantes Klinikum am Urban.
Vivantes ist die größte verstaatlichte Gesundheitsorganisation Deutschlands. Zur Vivantes Netzwerk für Gesundheit GmbH gehören 9 Krankenhäuser, 12 Pflegeheime, 2 Seniorenwohnhäuser, eine ambulante Rehabilitation, Medizinische Versorgungszentren, eine ambulante Krankenpflege sowie Tochtergesellschaften für Catering, Reinigung und Wäsche.
Vivantes in Zahlen | 2010 | 2009 | 2008 |
Betten | 5.329 | 5.218 | 5.086 |
stationäre Fälle | 208.339 | 200.905 | 194.193 |
ambulante Fälle | 269.260 | 285.736 | 278.223 |
Verweildauer Somatik (Tage) | 6,6 | 6,7 | 6,8 |
Mitarbeiter | 13.541 | 13.054 | 12.877 |
Umsatz [Mio. Euro] | 837 | 785 | 742 |
Jahresergebnis [Mio. Euro] | 6,3 | 2,6 | 2,4 |
Investitionen aus Eigenmitteln [Mio. Euro] | 30 | 53 | 29 |
(Zahlen: Geschäftsbericht 2010)
- Pflegeforschungsprojekte:
Laut Frau Wacker, der Praxiskoordinatorin, obliegen die Pflegeforschungsprojekte den Pflegewissenschaftlern und Pflegewissenschaftlerinnen. Ihrer Meinung nach gibt es im Urban Krankenhaus keinerlei Pflegeforschungsprojekte. Allerdings gibt es ExpertInnengruppen, die für die Pflegestandards verantwortlich sind. Diese treffen sich seit 2003 einmal monatlich und diskutieren und beschließen die Pflegestandards, zum Beispiel über Wundmanagement, Qualitätsmanagement, bis hin zur allgemeinen Körperpflege. Insgesamt gibt es 70 dieser Standards. Erneuerungen werden den StationspflegeleiterInnen in so genannten Leitungskonferenzen vorgestellt, die Ideen dazu werden aus neuester Literatur, oder auch von Schülern und Schülerinnen gewonnen. Die Aufgabe der Stationsleitungen ist es wiederum den Pflegefachkräften etwaige Änderungen und Erneuerungen mitzuteilen. Auf jeder Station der Institution gibt es Sammelwerke aller Pflegestandards.
- Pflegesysteme:
Am häufigsten findet man im Vivantes Klinikum die Bereichspflege. Wie in den meisten Krankenhäusern in Österreich wird die Station in 2-3 Teile aufgeteilt, je nach Standard. In onkologischen Fachbereichen strebt man immer mehr in Richtung Gruppenpflege.
- Pflegedokumentation:
Die Pflegedokumentation und Diagnosen orientieren sich nach NANDA, beziehungsweise an den ATL’s nach Liliane Juchli. Die Pflegeplanung an sich wird zurzeit noch ersetzt durch die PPR (Pflegepersonalregelung). Jeder/Jede PatientIn hat in seiner/ihrer Akte einen blanko Bogen auf dem alle ATL’s aufgelistet sind. Je nach Bedarf werden die ATL’s bei denen die PatientenInnen Hilfe benötigen individuell abgezeichnet. Im Zuge dessen wird am Ende des Tages berechnet wie viel Punkte der/die PatientIn für allgemeine (A) und spezielle Pflege (S) bekommt. Je mehr Punkte ein/e PatientIn hat, desto höher ist der Pflegebedarf und daraus errechnet sich auch der Personalbedarf. Die vorgefertigten Bögen werden regelmäßig durch die ExpertInnengruppe für Qualitätsmanagement diskutiert. Eine speziellere Form der Dokumentation besteht aus den Dokumentationsbögen, die von allen 3 Schichten (Frühschicht-blau, Spätschicht-schwarz und Nachtschicht-rot) ausgefüllt werden muss. Dort werden pflegerisch wichtige Tagesgeschehnisse vermerkt. Zusätzlich dazu gibt es die auch in Österreich bekannten Übergaben (in Deutschland 3 mal am Tag).
In Zukunft werden die MitarbeiterInnen von Vivantes lernen müssen mit den Pflegediagnosen, nach NANDA, umzugehen. In den Schulen wird dies schon gelehrt.
Bei uns in Österreich hingegen wird schon an allen Stationen mit Pflegediagnosen, manchmal nach POP oder NANDA, gearbeitet.
- Entlassungsplanung:
Die Planung der Entlassungen obliegt der Stationsleitung, die wiederum von ExpertInnengruppen (Pflegepersonen und sozial Arbeitern, beziehungsweise Psychologen) erstellt werden. In den Anamnesebögen oder den Pflegeüberleitungen wird der Bedarf an Versorgung zu Hause angemerkt, um sich abzusichern. Die Stationsleitung setzt sich bei Bedarf mit Sozialarbeitern/Sozialarbeiterinnen, Psychologen/Psychologinnen, Pflegeheimen oder ambulanten Pflegediensten in Kontakt.
Pflegeüberleitungen sind eine weitere Dokumentationsform für nachfolgende Institutionen. Eventuell bestehende Dekubiti, andere Hautdefekte, oder spezielle Dienste, wie regelmäßige Sauerstoffgabe oder Insulininjektionen werden hier aufgeführt.
Die Planung beginnt also schon bei der Aufnahme und natürlich während der Pflegehandlungen. Aktiv ausgeführt wird sie dann, wenn Ärzte und Ärztinnen das OK dazu geben.
- Extramuraler Bereich:
In den letzten Jahren haben sich in Deutschland die ambulanten Pflegedienste stetig vermehrt. Der Aufbau besteht aus: einer Pflegedienstleitung (examinierte Pflegeperson), andere examinierte Pflegepersonen (zuständig für medizinische Versorgung der Patienten/Patientinnen zu Hause), Pflegehelfern/Pflegehelferinnen (Kompetenzen durch einen einjährigen Lehrgang erworben – zuständig für Körperpflege und Haushalt) und Haushilfen (auch für den Haushalt verantwortlich, werden nur dann eingesetzt, wenn Patienten/Patientinnen ausschließlich Hilfe bei diesen Dingen benötigen).
Im Zuge der Entlassung setzt sich die Stationsleitung mit dem sozialen Dienst, der sich direkt im Haus befindet, in Verbindung. Dieser soziale Dienst ist mit dem Casemanagement in Österreich vergleichbar. Diese kontaktieren die hiesigen Pflegedienste und koordinieren den weiteren Verlauf.
Wenn der ambulante Pflegedienst nicht aufgrund eines Krankenhausaufenthaltes kontaktiert wird können auch Angehörige, oder der/die Klient/Klientin selbst Kontakt zu diesen Diensten aufnehmen. Gibt es keinen beträchtlichen Grund (Pflegestufe) müssen sich die KlientInnen den Dienst selbst finanzieren. Vivantes am Urban biete aber auch einen hauseigenen Pflegedienst und verschiedene Tageskliniken.
Eine Pflegestufe bekommt man indem man einen Antrag stellt und ein/eine GutachterIn (Arzt/Ärztin) und ein/eine SozialarbeiterIn bearbeiten diesen.
In Deutschland gibt es 4 Pflegestufen (1-erheblich pflegebedürftig; 2-schwer pflegebedürftig; 3-schwerstpflegebedürftig und 3H-schwerstpflegebedürftig Härtefall).
Die ausgewählten MitarbeiterInnen der Pflegedienste setzten sich meist mit den Klienten in Verbindung und besprechen den weiteren Verlauf der Pflege. Die Pflegepersonen arbeiten auch eng mit den Hausärzten und Ärztinnen zusammen.
Im Großen und Ganzen konnten wir, entgegen unsere Erwartungen, doch einige grundlegende Dinge erkennen, die sich vom österreichischen Gesundheitssystem unterscheiden ließen.
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